Ich möchte mit meinen Bildern erinnern, wie es einmal an dieser Trennungslinie ausgesehen hat und das Gefühl für Freiheit stärken. Für mich ist und war die Fotografie schon immer mit der Umsetzung von Ideen verbunden.

Über Jürgen Ritter Jürgen Ritter ist der Fotograf der Grenze. 
Von Stasi-Akten, Spitzeln und dem Glauben an die Freiheit

Über Jürgen Ritter
Jürgen Ritter ist der Fotograf der Grenze. Von Stasi-Akten, Spitzeln und dem Glauben an die Freiheit

Der Westdeutsche Grenzfotograf
Jürgen Ritter, Jahrgang 1949, zuhause in Barum bei Uelzen, ist seit Anfang der 1980er Jahre als Fotojournalist tätig. Im Mittelpunkt seines Interesses stand und steht die Grenze des früher geteilten Deutschland. In mehr als 40.000 Aufnahmen hat er die DDR-Grenzanlagen und nach der deutschen Einheit die Veränderungen an der ehemaligen Trennungslinie im Bild festgehalten. Ritter sah in der deutschen Teilung immer ein Unrecht, das er nicht widerstandslos hinnehmen wollte, er weigerte sich, die Spaltung des Landes als gegeben hinzunehmen und das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes als überholt anzusehen. Die Geschichte wird einmal ein vernichtendes Urteil nicht nur über diejenigen fällen, die Unrecht getan haben, sondern auch über die, die dem Unrecht schweigend zugesehen haben, - diese Aussage des SPD-Reichstagsabgeordneten Rudolf Breitscheid, den die Nazis im KZ Buchenwald umbrachten, zitiert Ritter gerne, wenn man ihn nach seiner Motivation fragt, warum er sich dem Thema Grenze verschrieb. Seine Fotoaufnahmen demaskierten die Verantwortlichen in der DDR, die ihren Sozialismus als Humanismus des 20. Jahrhunderts verkauften. Idee und Praxis befanden sich selten in Übereinstimmung, erst recht nicht an Grenze der DDR zum Westen. Diese richtete sich in erster Linie nicht gegen die angeblich revanchistische Bundesrepublik, sondern gegen die eigenen Bürger. Nahezu alle Grenzsicherungsmaßnahmen waren freundwärts, also zur DDR-Seite hin, installiert, um Fluchten aus der DDR in die Bundesrepublik und nach Berlin (West) zu verhindern. Zeitweise mit Bodenminen und Selbstschussanlagen an der innerdeutschen Grenze, bis ins Frühjahr 1989 mit dem Gebrauch der Schusswaffe gegen Grenzverletzer. Ritter hat die Anlagen an der innerdeutschen Grenze und an Grenze der DDR zu Westberlin in Tausenden von Aufnahmen dokumentiert. Und sich nicht damit begnügt, diese im eigenen Heim zu archivieren, sondern er ging mit den Bildern in die Öffentlichkeit. Um aufzuklären, wie der Arbeiter-und-Bauern-Staat sein Territorium abschottete und um deutlich zu machen, dass das Grenzregime mit den Menschen- und Bürgerrechten nicht in Übereinstimmung zu bringen war, weil es nach Geist und Buchstaben internationaler Vereinbarungen widersprach.
An fast 50 Orten stellte er ab 1981 seine Fotos von der Grenze durch Deutschland vor, darunter auch im Bonner Bundestag, in Westberlin und größeren westdeutschen Städten.
Die durchweg positive Resonanz veranlasste die DDR-Behörden, gegen Ritter mobil zu machen. Als er 1982 auch noch Gründer eines Vereins „Grenzopfer“ wurde, der es sich zur Aufgabe machte, bei der Flucht verletzten DDR-Bürgern ideell und materiell zu helfen, trat das MfS auf den Plan. Die amtliche DDR betrachtete schon seine Fotoausstellungen als „Hetzveranstaltungen“, nun erregten sich die Stasi-Leute über die Unterstützungsangebote seines Vereins. Im MfS hielt man die Aktivitäten Ritters für so gefährlich, dass sich ein Mielke-Stellvertreter der Sache annahm und sich im Mai 1982 mit folgender „Bitte“ an den Leiter der Hauptabteilung I (Militärabwehr) wandte (BStU-Zentralarchiv: MfS/Arbeitsbereich NEIBER, Nr. 426, Bl. 97 f.): „Ich bitte Sie, die notwendigen operativen Maßnahmen einzuleiten, da ersichtlich ist, dass dieser Verein von seinem Gründer offenbar dafür gedacht ist, Angriffe gegen die Staatsgrenze, Grenzsicherungskräfte und –anlagen zu organisieren. Die Zusammenstellung einer feindlichen Fotoausstellung über die Staatsgrenze lässt auf eine intensive Aufklärung der Grenzsicherung durch den Gründer des Vereins schließen und kann Ausgangspunkt für weitere Angriffe sein… Ich bitte Sie, da von Mitgliedern oder potentiellen Mitgliedern des Vereins auch terroristische Angriffe gegen die Staatsgrenze und die zu ihrem Schutz handelnden Kräfte zu erwarten sind, Ihre Maßnahmen im notwendigen Umfang gleichzeitig mit der Abteilung XXII („Terrorabwehr“; die Verf.) zu koordinieren… Über operativ bedeutsame Ergebnisse Ihrer Maßnahmen bitte ich mich zu informieren…“ Unterschrift: „Neiber, Generalmajor“.
In der Folge wurden auf Ritter „Inoffizielle Mitarbeiter“ (IM) des MfS angesetzt, die ihn bespitzelten. Es handelte sich dabei um Westdeutsche, die sich für diese Aufgabe aus Überzeugung oder finanziellem Interesse zur Verfügung stellten. Ihren Auftraggebern konnten sie allerdings keinerlei Belege für geplante „terroristische Angriffe“ liefern. Ritter sind nach der Wende und der Friedlicher Revolution die Namen dieser Leute, die sich auch als Mitglieder seines Vereins einschrieben, von der Stasiunterlagenbehörde mitgeteilt worden.
Der „Grenzfotograf“ wurde nicht nur von MfS-Zuträgern „aufgeklärt“, sondern sah sich auch seit Mitte der 1980er Jahre durch so genannte Entspannungspolitiker im Westen bei seinen Aktivitäten mehr und mehr behindert: Aus vorauseilendem Wohlverhalten gegenüber der DDR lehnten immer öfter Städte in der Bundesrepublik seine Fotoausstellungen ab, weil man glaubte, durch diese die Partnerschaftsbeziehungen zu Kommunen im Osten zu gefährden. Auch grundsätzlich ging die Tendenz der Aussagen seiner Ausstellungen manchen Leuten in verantwortlichen politischen Positionen gegen den Strich, da sie die Zustände an der Grenze durch Deutschland und in und um Berlin inzwischen als unabänderlich hinnahmen oder diese aus politischer Bequemlichkeit nicht thematisiert sehen wollten, weil sie z.B. das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes ausgeblendet hatten. Einige dieser Politiker meinten seinerzeit, Ritters Bilder bedienten nur „Kalte Krieger“ und passten nicht mehr in die Zeit. Gerhard Schröder, damals Oppositionsführer im niedersächsischen Landtag, im Sommer 1989: „Nach 40 Jahren Bundesrepublik sollte man eine neue Generation in Deutschland nicht über die Chancen einer Wiedervereinigung belügen. Es gibt sie nicht.“ (BILD-Zeitung, 12. Juni 1989). Diese Ansicht vertraten damals viele Westpolitiker, jedoch nur hinter vorgehaltener Hand. Sie irrten sich und das war gut so.
Der Grenzfotograf machte sich am Tag nach dem Mauerfall auf den Weg nach Berlin und fotografierte die Ereignisse und in den Wochen und Monaten danach die Veränderungen an der innerdeutschen Grenze. Auch und gerade an jenen Stellen, die er zuvor während der Zeit der Teilung ablichtete. Daraus entstand die Gegenüberstellung der Bilder von einst und heute, die dieses Buch enthält und seine Aussagekraft beinhaltet. Mit seinen Fotos hat er „eine in ihrer Breite und Intensität einmalige Dokumentation der deutschen Teilung und Einheit geschaffen“, urteilten die Juroren des "Einheitspreises" 2007, den Ritter in der Kategorie "Menschen" erhielt. Seine Webseite www.grenzbilder.de klicken jährlich mehr als 1 Million Besucher an.
Peter Joachim Lapp, 2014
Text aus dem Bildband "DEUTSCHLAND GRENZENLOS" Bilder der deutsch-
deutschen Grenze. Damals und heute,
Jürgen Ritter . Peter Joachim Lapp
Ch. Links Verlag Berlin 4. Auflage Februar 2022
ISBN 978-3-96289-170-1
192 Seiten, 313 Bilddokumente

Fotoausstellungen:
Seit 1981 in über 50 Orten unter anderen in Hamburg (Rathaus), Hannover, Hameln, Bonn (Bundestag), Berlin (Heinrich-Böll-Stiftung), Erfurt (Staatskanzlei), Wolfsburg, Hildesheim (Rathaus), Schwerin (Kultusministerium), Frankfurt, Bad Bevensen, Uelzen, Soltau, Oldenburg, Lüneburg, Stade, Ratzeburg, Hittfeld, Goslar, Nordhorn, Wittingen, Rothenburg, Eckernförde, Bergisch-Gladbach, Warstein, Travemünde, Buxtehude, Paderborn, Papenburg, Soest, Marienborn (Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn), Plauen, Hof, Siegen, Mödlareuth (Deutsch-Deutsches Museum), Villingen-Schwenningen, Berlin (Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung), Dresden (Kultusministerium Sachsen), Bad Sooden - Allendorf (Grenzmuseum Schifflersgrund)

Im Ausland: Bois Guillaume (Frankreich), Thorshavn (Dänemark / Färöer), Prag (Tschechische Republik) in der Deutschen Botschaft und Galerie Millennium, Belgien, Brüssel (im Europäischen Parlament), Charkiw (Ukraine)

Auszeichnungen:
Kunstpreis des Landkreises Uelzen, 1982

"Sonderpreis" 1987 vom Niedersächsischen Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten

„einheitspreis 2007“
Jürgen Ritter ist in Schwerin am 02.10.2007 mit dem „einheitspreis 2007“ in der Kategorie „Menschen“ ausgezeichnet worden.
In seiner langjährigen Arbeit als Fotograf hat Jürgen Ritter eine in ihrer Breite und Intensität einmalige Dokumentation der deutschen Teilung und Einheit geschaffen.

Lichtbildervorträge, seit 1985
"DIE GRENZE" DAMALS UND HEUTE, Arktis / Antarktis, Norwegen - Färöer - Island - Spitzbergen - Franz-Joesf-Land

Buchveröffentlichungen:
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS«
Bilder der deutsch-deutschen Grenze - Damals und heute

Berlin 2014
(gemeinsam mit Peter Joachim Lapp) 4. Auflage
Rezensionen:
Die von Ritter und Lapp vorgelegte Dokumentation ist nicht nur geeignet als Lektüre für die Beschreibung der Umwälzungen im ehemaligen Grenz- und Sperrgebiet. Sie ist vor allem nachhaltige Medizin gegen das Vergessen einstigen Unrechts und die Einlassungen geschichtsvergessener sowie nostalgiebesessener Schönredner.
Ostthüringer Zeitung (OTZ), Gera / Freie Presse (FP), Chemnitz
Dieses Buch krönt die Arbeit der Verfasser, deren Tätigkeit keineswegs immer opportun war. Peter Joachim Lapp, seit 1977 Redakteur beim Deutschlandfunk, wurde von der Stasi als 'gefährlicher Feind der DDR' bezeichnet, auf Jürgen Ritter waren mehrere Informelle Mitarbeiter angesetzt... Wer 'Deutschland grenzenlos' durchblättert und die Gegenüberstellung des Gestern mit dem Heute nachverfolgt, wird sich ohne Abstriche dem Urteil der beiden Autoren anschließen müssen, daß die Überwindung der unnatürlichen Teilung, die Einheit Deutschlands ein 'Geschenk der Geschichte' ist.
Junge Freiheit
In ihrem Bildband über die deutsch-deutsche Grenze zeigen Jürgen Ritter und Peter Joachim Lapp eindrucksvoll die Veränderungen auf, die sich nach 25 Jahren Wiedervereinigung ergeben haben. Die Fotopaare 1989-2014 zeigen, wie die Mauer praktische und geistige Distanz schaffen sollte... Die deutsche Einheit als ein 'Geschenk der Geschichte' wird hier für jeden visuell erlebbar.
Zeitschrift für Politikwissenschaft

»Die Grenze« Ein deutsches Bauwerk,
Berlin 1997-2015
(gemeinsam mit Peter Joachim Lapp) 9. Auflage
Rezensionen:
Es ist schwer zu sagen, was an dem Band eindrucksvoller ist: die Ausdrucksfähigkeit der Fotos oder die sprachlichen Feinheiten des Textes.
Hessischer Rundfunk
Dieses Buch stellt mit seinem umfangreichen Bildmaterial, den detaillierten Recherchen und vor allem mit seiner unparteiischen Nachdenklichkeit eine
überzeugende Aufforderung dar, sich ehrlich mit der jüngsten deutschen Geschichte auseinanderzusetzen und die verbleibenden Zeugnisse der DDR-Diktatur zu bewahren.
Das Parlament
Der Photograph Jürgen Ritter und der Journalist Peter Joachim Lapp, beide ausgewiesene Kenner des Grenzsystems der DDR, bemühen sich um
Objektivität. Sie beschönigen nichts und behandeln diesen betrüblichen Aspekt der deutsch-deutschen Geschichte nicht mit dem erhobenen Zeigefinger.
Zeitschrift für Geschichtswissenschaft

»Von Spitzbergen nach Franz-Josef-Land«,
Dortmund 1993;

»Archipel des Lichts«,
Dortmund 1992;

»Nicht alle Grenzen bleiben«
(alle drei Titel, gemeinsam mit Ulrich Schacht), Dortmund 1989;

Dokumentarfilm:
»Mit dem Rad Geschichte erfahren«
Spurensuche an der ehemaligen innerdeutschen Grenze,
(gemeinsam mit Dietrich Zarft) Barum 2009
Laufzeit 50 Min. in 16 : 9

Kalender:
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS 2013«
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS 2014«
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS 2015«
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS 2016«
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS 2017«
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS 2018«
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS 2019«
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS 2020«
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS 2021«
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS 2022«
»DEUTSCHLAND GRENZENLOS 2023«

Bildveröffentlichungen:
ARD, Allgemeine Zeitung, Altmark Zeitung, Bergischer Volksbote, Berliner Morgenpost, Bildzeitung, Bild am Sonntag, Böhme Zeitung, Braunschweiger Zeitung, Bundesrat Einblick, Bundeszentrale für politische Bildung, Das Parlament, Das regionale Gedächtnis - Museum für Photographie Braunschweig, DDR heute, Der Landbote, dpa picture-alliance, Deutsches Allgemeine Sonntagsblatt, Deutschland Archiv, Die Märkische, Die Zeit, ZEIT Geschichte, DDR Museum Berlin, Deutsch-Deutsches Museum Mödlareuth, Deutsche Welle, Eichsfelder Tageblatt, Ems Zeitung, Eßlinger Zeitung, FAZ, Falling Walls, Foto Populär, foto scene, Frankenpost, Freie Presse, General Anzeiger, Getty Images, Globo TV, Goslarsche Zeitung, Grauer Panther, Gedenkstätte Point Alpha, Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn, Grenzlandmuseum Eichsfeld, Grenzmuseum Schifflersgrund, Hamburger Abendblatt, Hamburger Morgenpost, Harburger Anzeigen und Nachrichten, Historisches Museum Hannover, Hellweger Anzeiger, HORCH UND GUCK, idea Specktrum, JA, Junge Freiheit, Kieler Nachrichten, Kölner Stadtanzeiger, Landeszeitung Lüneburg, Lauenburgische Nachrichten, Lübecker Nachrichten, Main Echo, Märkische Allgemeine, MDR, Mitteldeutsche Zeitung, N3, NDR1, ntv, Nordis, Neues Deutschland, Oberhessische Presse, Pro 7, Rheinische Post, Schwarzwälder Bote, Soester Anzeiger, Spiegel Online, Spiegel Online International, Stader Tageblatt, Stuttgarter Zeitung, Swinmark Grenzmuseum, The German Tribune, Thüringer-Allgemeine, Tribuna Tedesca, TZ München, ullstein bild, Uelzener Anzeiger, Volksstimme, Warsteiner Rundschau, Die Welt, Welt am Sonntag, Weltbild, Westfalenpost, Westfälischer Anzeiger, Wilhelmshavener Zeitung, Wolfsburger Allgemeine, Wolfsburger Tageblatt, WDR, ZDF